15.11.15

Freitagderdreizehnte

Ein Brief nach Berlin 
(41 Tage von Weihnachten und 1035 km von Paris entfernt)


"Ihr lieben, heute ist ja der Tag so grau, da bleibt man besser im Bett. Hier stürmt es und regnet noch dazu. Aber eigentlich ist es auch gemütlich. Wir hoffen, dass es euch gut geht und ihr glückliche Tage habt. Heute hat uns das Schicksal gestreift. Es ist nicht mehr wegzuwischen. Die globale Zuspitzung und das willkürliche Verhalten sind keine Ausnahme mehr. 

Ich liege völlig überfordert auf dem Boden in meinem Zimmer und starre an die Decke. Wie langweilig ist es alles auf die Politik zu schieben. Man dreht sich doch fortwährend im Kreis und wird kurzsichtig. So blind, wie diese Pegidaleute die sich hier jeden Montag hilflos mit Naziparolen durch Dresden brüllen. Mir macht das zu schaffen und den Kindern so wie so. Wir haben uns schon eine Weile lang gefragt, wie man sich dazu verhält. Was macht man mit sich und seinen Emotionen. Einer der Täter in Frankreich heißt Ahmad....


Foto: A.Mesgarha
Ich habe die Bühne, na klar. Das Theater tut was es kann, Montagscafé man begegnet der Fremde. Jana betreut seit nunmehr über einem halben Jahr syrische Flüchtlingsfrauen in Pirna. In einem abgeschlossenen Raum legen sie ihre Schleier ab, dann wird getanzt. Sie lieben Jana und ihre Möglichkeit sich zu bewegen und zu träumen. Unter den Schleiern verbergen sich kluge und schöne Frauen mit Vitamin D Mangel und Bewegungsarmut.

Geht es euch ähnlich? Bekommt man in Berlin mit, wie bedrohlich die Masse gerade anschwillt? Es ist eine dumpfe Masse, die Jahrelang nicht ernst genommen wurde, auch mit ihren berechtigten Sorgen. Wir sind echt ratlos.


Auch haben wir uns entschlossen Mühe, Sorgfalt und eventuelles Geld für Geschenke für Weihnachten lieber anderen, als uns selber zukommen zu lassen. Vielleicht ein neuer Weg, bescheidener und in Demut zu leben. Wir haben alles, brauchen eigentlich nur Frieden. Also bitte gebt auch ihr eure eventuell für uns gedachten Geschenke anderen, hilfebedürftigen. So untergraben wir den Kommerz. 


Es wäre uns ein wahres Fest."


16.10.15

Place to be


Der Verein "Dresden - Place to be" organisiert eine Viralkampagne für ein weltoffenes, tolerantes Dresden, bei der Menschen dieser Stadt mit einer knackigen Aussage im Umfeld des 1. Jahrestages der Pegidabewegung am Montag Stellung beziehen gegen Ausländerhass, Hetze und Rassismus und FÜR Empathie, Vielfalt und Mitmenschlichkeit. Die Idee ist, dass möglichst viele Menschen ein Foto von sich mit ihrer Botschaft bis Montag auf Facebook posten und in den Facebook-Kanal des Vereins (Bündnis für ein offenes Dresden https://www.facebook.com/dresdenoffenundtolerant?fref=ts) teilen.




11.9.15

"Nicht schlecht Herr Specht"


Ganz groß: Lars Ruppel zum Poetry-Slam 2014 in Dresden. Guckst du!





8.9.15

Ein Fass voller Halbbegabung

Folgender Text entstand anlässlich der Tatsache, das ich das 25. Jahr auf der Bühne des Staatsschauspiels stehe und deshalb auch von hoher Stelle einen Blumenstrauß bekam.


"Ich glaube tatsächlich, der Schauspieler ist ein Fass voller Halbbegabungen, ein bisschen Pantomime hier, ein bisschen Singen da und Malen auch und Fechten, dann am Klavier mit rauer Stimme und Salto rückwärts bei Bedarf. Reiten kann er auch und dabei synchronisieren. Film und Hörspiel inklusive. Alles halb. Alles halb so wild. Manchmal läuft das Fass auch über, da probiert er Regisseur zu sein. Da greift er nach den Sternen. So, als spiele das Kind die Mutter nach, befruchtet sich selbst und gluckt über sich und sein Talent, behütet von Agenten, die laut den roten Teppich ordern. Da verliert er gänzlich den Kontakt, den er nie hatte. Er ist ein Scharlatan auf dünnem Eis, ein Dilettant. Ein kostbarer Lügner, ein armer Hund, ein streunender Köter. Den Tag damit verbringend seine Seele zu verschenken, um am Ende doch beklatscht zu werden."
©AM 2015







30.8.15

Bielebohlauf

Für meine erste Teilnahme an diesem Landschaftslauf im Lausitzer Bergland habe ich mich relativ kurzfristig entschlossen. Das konnte ich mir leisten, denn trainiert wie ich vom Rennsteig bin bedarf es keiner neuerlichen Trainingseinheit und Oppach zu erreichen ist auch nicht schwer. Es liegt nur eine gute Autostunde von Dresden entfernt. Der organisatorische Aufwand hielt sich in Grenzen.


Die Teilnehmerzahl von 314 ließ nicht gerade Hektik vermuten und das Wetter an diesem Tag begrüßte uns in den Morgenstunden ausgesprochen freundlich. 

Angeboten werden in Oppach unterschiedliche Distanzen : 1,5km, 4,9km, 12km und 20km (genaue Messungen besagen 18,3km). Der 20 km Lauf geht auf den 499m hohen Bieleboh. Viele gut trainierte und erfahrene Läufer waren am Start. 

Der Start war pünktlich um 10:00 und die Sonne schien nun mit altsommerlicher Restwärme mehr als gut für uns Läufer war, aber es gab genug Wasser am Rand der Strecke und nun konnte mann dieses fast familiär geführte Rennen mit seiner erlebnisreichen Natur genießen. 

Unsere Delegation. Sechs Männer, von einer jungen Nachwuchsläuferin verstärkt gingen in unterschiedlichen Distanzen an den Start. 


Andr'e (3.v.l.) und Thomas (3.v.r.) belegten in ihrer Altersklasse
 jeweils den 2. Platz.




Glücklicher 4. Platz


Überraschend war, das der Eintritt in das benachbarte Schwimmbad für uns Läufer an diesem Vormittag frei war und wir kühlten beseelt vom ersten Bier und dem kühlen Nass die Glieder. 

Ein sympathischer, gut organisierter und handgemachter Landschaftslauf. Wirklich zu empfehlen. Ich bin nächstes Jahr wieder dabei! Ganz bestimmt.




Statistik bei Garmin Connect

20.8.15

5. und letzte Etappe von Botterode nach Hörschel

6:40
Die Nacht in karger Kammer habe ich nur mäßig verbracht. Das Bett, so schmal wie ein Handtuch, bot wenig Platz für die müden Beine. Ich koche Kaffee. Mein kleiner Wasserkocher, ein treuer Begleiter seit ewigen Zeiten, hilft mir dabei. Ich gehe die Strecke noch einmal durch. 
In Hörschel wo unser Lauf enden wird, beginnt der Rennsteigweg. Unser Ziel ist also ein neuer Anfang.
Ich habe Schmerzen im rechten Fuß. Es ist  erträglich, aber hinderlich und ich bin froh, dass heute der letzte Tag ist. Dennoch Euphorie. Mein Gott, ich wage gar nicht daran zu denken was wir geschafft haben.

9:00
Wir stehen in der Morgensonne. Ulli gibt wie immer das Zeichen und es geht los.


Ein prachtvoller Sommertag. Die Wiesen duften altsommerlich. Heute laufen wir aus der Startergruppe heraus zu dritt. Michael, Jörn und ich. Wir finden schnell unser Tempo. Jörn hat Lauferfahrung und ist ebenfalls zu jedem Scherz aufgelegt.

Der Anstieg ist gewaltig fast 200 Höhenmeter. Wir müssen gehen. In der Waldschenke am Dreiherrenstein, bei Kilometer 6,4 kehren wir ein, aber nicht um zu trinken sondern für unseren Stempel. Die Wirtin ist extra früh aufgestanden. Sie ist hübsch und stempelt mit kleinen ironischen Bemerkungen unsere Blätter ab. 
Auf den Weg zurückgekehrt werten wir, ganz Mann, ihre reizvolle Erscheinung auf das köstlichste aus. Das hätten wir lieber nicht tun sollen. Wir verloren im Geschwätz das berüchtigte weiße R mußten missmutig umkehren und hatten ab sofort 1 km und 50 Höhenmeter mehr im Gepäck. 

Entlang der Glasbachwiese wird die Natur immer schöner. Die Sonne wärmt und der Ausblick ist gigantisch.



Da ist sie die Wartburg. Luther hat hier 1521 das neue Testament übersetzt. Sein Aufenthalt sollte ein Geheimnis sein. Deshalb versteckte er sich dort unter den Namen Junker Jörg. 

Vorbei am Vachaer Stein wird das Gelände mit Wurzelwerk überdeckt. Frank, Wolfgang, Markus die schnellen Läufer überholen uns. Sie sind eine halbe Stunde später gestartet. Ebenso überholen wir die vor uns gestarteten Gruppen. Stück für Stück. Schnell merkt man wem es heute gut oder schlecht geht. "Glück auf den Weg!"


Da ist sie auch schon, die Autobahnbrücke von Hörschel. 


Ich beschließe etwas Tempo zu machen. Es geht noch was. Die Beine machen mit. Der Weg geht abwärts. Man muss sich sehr konzentrieren. Aber die Euphorie, das Adrenalin steigt. Es ist wahrhaftig so. Nach fünf Tagen laufe ich in Hörschel ins Ziel. 


Erst jetzt wird mir wirklich bewusst dass ich es überstanden habe. Ich habe etwas für mich Unmögliches Wirklichkeit werden lassen.


Ich bin in fünf Tagen von Blankenstein nach Hörschel gelaufen. Habe dafür 20 Stunden und 16 Minuten gebraucht und dabei 13000 kcal verbrannt, 3300 positiven Höhenmetern bewältigt und insgesamt 174 km zurückgelegt.



Ich bin angekommen, obwohl es kalt war, obwohl der Regen quälte und der Fuß schmerzte, ich bin da, obwohl ich mich über 5 km zusätzlich verlief und mir der Mut fast abhanden kam, ich bin da, obwohl ich nicht wußte, ob ich das kann, ich habe es gemacht ohne Versicherung, nur mit mir selbst, für mich selbst, meinen Beinen, meinem Athem und meinem Willen und es scheint die Sonne, wie eine Goldmedalie und überstrahlt das Pflaster auf dem Weg vor dem "Tor zum Rennnstein"



Ulli die lebende Legende, Vater von allem und gute Seele gratuliert. Die schnelleren Läufer und die Läufer aus den vorderen Startfeldern feiern. Und von diesem Augenblick an feiern wir gemeinsam die Neuankömmlinge. Wir fallen uns in die Arme. Eine große Gemeinschaft völlig verrückter Goldmedaillengewinner.



17:46
"Kommst du zum Stein werfen?" Achims WhatsApp läßt mich hochschrecken. Stimmt. Der Stein, wo ist der Stein? Heute Abend wollten wir unseren Stein in die Werra werfen. Fünf Tage hatte ich ihn bei mir. Er hat alles miterlebt. Nun wird er wieder frei gelassen, denn der Bote ist angekommen. Ich schlüpfe so schnell ich kann in meine Jeans, das gehen fällt schwer, unten warten schon alle. 30 Steine fliegen in das Wasser, so wie es der Brauch verlangt nach langer thüringer Pilgerschaft.


22:30
Ich sitze am Wasser und rauche. Hier raucht keiner und irgendwie passt das so gar nicht zu den Siegerehrungen und Huldigungen. Es passt vielleicht zu meinem schweren Koffer, der im Zimmer 18 unter dem Dach die Dielen quält.
Ich rauche und starre auf das stille Nass, über mir rauscht die Autobahn. Verlässlich surren die Container der LKWs über den entfernten Beton. Sie bringen das eine zum anderen und das andere zu einem. Sie mögen weit fahren und von sehr weit kommen, da oben im Himmel. Ich zähle die Autos. 9 von links, 2 von rechts. 

Da blendet mich ein Licht. Eine Taschenlampe sucht Halt und verfängt sich in meinem Gesicht. "Ist hier die Werra?" "Ja." Ich antworte und verstecke instinktiv meine Zigarette. "Da vorne. Du musst noch 10 Meter gehen! Das Wasser ist still." Vor mir steht ein hochgewachsener Mann. Er mag 25 Jahre alt sein mit einem übermäßigen Rucksack. Schwer wie mein Koffer denke ich. 

"Hast du mal eine Zigarette?" 
"Nein, aber du kannst meine zu Ende rauchen, sie ist noch mehr als halb. Was suchst du?" Ich reiche ihm den Rest der Zigarette, er nimmt sie mit breiten Händen und zieht tief den Tabak in die Lungen.
"Ich brauche einen Stein. Einen kleinen Stein aus der Werra. Ich werde ihn in sieben Tagen in die Selbitz werfen." 
"Du läufst nach Blankenstein?" frage ich. 
"Ja!" antwortet er. "168,3km." 
"Ich weiß! Da komm ich gerade her." Wir grinsen durch die Dunkelheit, er reicht mir den ehrenvollen letzten Zug. Ich aber weise ab. 
"Nein, ich hab schon. Die ist für dich. Glück auf den Weg." 
"Danke",  
"Bitte", 
"Ciao!", 
"Ciao!" 



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19.8.15

4. Etappe von Oberhof nach Botterode

6:15
Kaum zu glauben wie schnell die Tage vergehen. Zumindest mein Kopf bräuchte jetzt eine Pause, um die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Die in Bier gemischten Gespräche am Abend in der Baude, die Umgebung, die Geschichten, die Bilder, die Wege, das ist viel und sicherlich besser verträglich für den, der das hier im Wandern absolviert. Nachts träume ich wirres Zeug. Wir haben Klassenfahrt. Ich bin in der 6. Klasse der Krupskaja Oberschule. Wir fahren mit der Berliner S-Bahn direkt in die österreichischen Alpen. Ich habe meinen Turnbeutel vergessen, aber auf meinem Rücken hängt der Lauf Rucksack.

Das Frühstück duftet durch die alte Tür der Pension "Waldesruh" an der Landstraße hoch unter dem Dach wo ich mit meinem schweren Koffer wohne. Der Schlüssel in der Tür ist alt und steckt in einem alten Schloss. "Schnack" macht er wenn man ihn dreht. Der Koffer grinst mich an. Nachher werde ich ihn die enge Treppe nach unten ins Foyer befördern. Die grobe Masse aus Stein. Nicht viel Zeit, denn der Kleinbus wird uns bald nach Oberhof bringen, vorbei am Trainingszentrum der Biathlons unweit der großen Schanze. 

8:50

Warm up auch für Schultern, Lenden, Waden. Mein tägliches Ritual. Achim, der heute pausiert überrascht mich mit seinem Fotoaperat. 



9:00

Start. Die Wolken haben sich wieder vor die Sonne geschoben. Es ist kühl. Wir laufen entlang der Schmalkaldener Loibe, dem Nesselberg entgegen. Nach der "Alten Ausspanne" kommt der Glasberg. Nach der Splitterbrücke geht es links steil hoch zum Berghotel.



Romantisch zieht der Rinnsteig, den wir heute Rennsteig nennen, seine Linie durch den Thüringer Wald. 




Die Herde der Läufer trabt auf feuchtem Schotter dem heiligen weißen R hinterher. Alle 200 m steht es irgendwo geschrieben. Wenn man es eine Weile nicht gesehen hat ist man falsch. Heute ist es still im Läuferfeld. Während der ersten Kilometer hat jeder mit sich zu tun. Hier ein Zwicken und da ein Zwacken. Mein rechtes Sprunggelenk macht sich seit einiger Zeit bemerkbar. Ein noch überschaubares Übel. Man gewöhnt sich an vieles. Überhaupt die Gewöhnung. Da führt man seit einer knappen Woche ein völlig extremes Leben, stresst seinen Körper, das ganze Herzkreislaufsystem, läuft täglich fast einen Marathon und schon scheint sich der Körper darauf einzustellen.




In welchem genialen Konstrukt der Natur dürfen wir leben? Wenn man betrachtet wie sich ein völlig ausgepumpter Körper über Nacht erholen kann allein mit Thüringer Bratwurst und Klößen...


Was ich aber eigentlich meine ist, man muss sich neben der konsequenten Vorbereitung eines solchen Unternehmens, neben vielem Training, gesunder Ernährung und guter Selbstorganisation etwas Schweres auch zutrauen. Man muss vertrauen, denn man kann viel mehr als man denkt, viel weiter als man weiß. Der Mensch hat das Bedürfnis seine Grenzen eng abzustecken, damit er sein Leben überschaut. Das macht ihn zunächst glücklich, der wähnt sich in Sicherheit und Sicherheit gibt uns Kraft. Aber zunehmend werden wir in unserer überschaubaren Welt ohne Zufall, mit tausenden Versicherungen und Regeln vor lauter Absicherung klein und kleiner und verschwinden schließlich ganz. Das Lebendige ist uns verloren gegangen, weil wir es festhalten wollten. Wir haben es erdrückt in bester Absicht. Das Leben ist aber absichtslos, frei und undurchschaubar und immer dann lebendig, wenn man sich seinem Fluss anzuvertrauen vermag.


Das sei die Antwort darauf, warum man so einen Wahnsinn macht. Warum man sich dem Regen und den Bergen so aussetzt, Schmerzen, ja sogar Verletzungen in Kauf nimmt und immer noch weiter träumt von so vielen unmöglichen, "unvernünftigen Dingen." Ohne Versicherung. Ein wenig mehr als man gedacht, ein wenig anders als man gewohnt war.




Michael und ich sind ein perfektes Team. Wir haben ein ähnlichen Rhythmus und können über allerlei reden, wenn es die Puste zulässt.




11:55

Der große Trockenberg ist kaum zu erklimmen. Der Berg steht wie senkrecht vor unserer Nase. Dann stürzen wir uns wie befreit hinunter ins Tal zum Hotel Gasthaus "Kleiner Inselberg." Nach 27,5 km beenden wir die vierte Etappe unserer schönen Tour durch den Thüringer Wald. Wir haben über 500 Höhenmeter gemacht in 3 Stunden und 6 Minuten. 



12:20

Ich hänge meine Sachen auf, denn die Heizung ist kalt. Das wird wenig Zweck haben bei der Luftfeuchtigkeit hier. Wir scherzen noch über mein besonderes Outfit, dann geht es unter die warme Dusche und wie immer erst mal ins Bett. Das Zimmer ist so Unbarmherzigkeit und kühl, dass Luther hier in aller Ruhe die Bibel übersetzen könnte. Der gute Junker Jörg. Doch dazu morgen mehr.


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18.8.15

3. Etappe von Neustadt am Rennweg nach Oberhof

 6:30
Freundlich lockt die Sonne durch das Dachfenster.


Es ist noch kühl, aber heute soll es wärmer werden. Ein neuer Anblick eröffnet den vierten Tag. Heute geht es nach Oberhof. Der Wintersport Stadt Oberhof, bekannt aus alten DDR Sport Zeiten und bekannt dafür das man sich dort um den heutigen Nachwuchs kümmert. Komisch, ich denke immer zuerst an den "Oberhofer Bauernmarkt." Eine Fernsehsendung aus Kindertagen. Extrem uncool. Und der Inbegriff für Rentnerdisco. Als wir aber vorgestern Abend in geselliger Runde das Rennsteiglied sangen, mit Tränen in den Augen, da wurde mir klar, wie ernst die Fröhlichkeit gemeint ist. Es klang wie eine Hymne das Lied vom Rennsteig und seinen Wanderwegen. Herbert Roth ist ein Idol. Mick Jagger auch. Aber eben nicht hier auf diesen Wegen. 

Diesen Weg auf den Höh'n 
bin ich oft gegangen, 
Vöglein sangen Lieder. 
Bin ich weit in der Welt 
habe ich Verlangen, 
Thüringer Wald nur nach dir.

Mit 27 km steht heute eine etwas kürzere Etappe auf dem Plan. Wenn man überhaupt von kurz sprechen kann. 


Die abendlichen Vorbereitungen sind ein wichtiges Ritual. Jedes Mal schreibe ich mir peinlich genau die Verpflegungs und Kontrollstellen für den Wegesstempel auf.
Ähnlich wie auf dem Jakobsweg führt man ein Stempelblatt dabei, um nachzuweisen dass man wirklich überall war. 


Nun gut, das ist ein bisschen wie auf dem Kindergeburtstag. Aber man ist doch gerne Kind, oder?

7:20
Ich laufe zum Frühstück in das nachbarliche Hotel. Es ist eine herrliche Stimmung. Ich mache Fotos.


Die Kirche an der Kirchgasse.


Noch alles still auf den Straßen. Mancher nickt mir freundlich zu. Wir sind hier die bunten Vögel. Die Leute mit den Nummern auf dem T-Shirt - Startnummern. Man kennt das schon.



9:00
Start bei herrlichem Sonnenschein und guter Stimmung. Die Beine machen mit. Erstaunlich wie man sich über Nacht erholen kann. Der Körper scheint sich an die Belastung zu gewöhnen. Dennoch nehme ich mir vor langsam zu laufen.


Heute kann man weite sehen. Vorbei am großen Dreiherrenstein. Wir durchlaufen den Ort Alzunah. Überqueren die Straße am Frauenwald. Gelangen zum Bahnhof Rennsteig. Nach der Wetterstation an der Schmücke, kommen wir zum höchsten Punkt des Thüringer Waldes, die genaue Festschreibung belegt 973m. Da ist sie! Plänkners Aussicht! Man kann weit sehen. Bei Kilometer 21 sind wir an der Suhler Ausspanne, daran schließt sich die Sommerwiese, die Brandleiter und schließlich nach einem langen langen endlosen Berg Der hoch, hoch in den Mond geht, stürzten wir herab in das Tal zum Waldgasthaus Schanzenbaude.



Erst am Ende bin ich Michael etwas entwischt. Berg ab fällt mir leichter. Aber unser Lauf war wieder perfekt. Nicht zu schnell und dennoch sind wir an unsere Grenzen gegangen. 


Die Beine machen mit. Heute waren es wieder weit über 700 Höhenmeter. Hier und da zwickt es ein wenig. Aber man muss die Nerven behalten. 



Die Wertungen werden aufgeschrieben. Es gibt herrlich zu essen. Die Tafel ist gedeckt. Ich kann kurz nach einem Lauf noch nichts essen. Der Magen ist zugeschlossen. Tee und Cola, das reicht.


Uli, der Mann mit der Stoppuhr in der Hand, ruft mir zu: "3 Stunden und 11 Minuten. Nicht die beste Zeit, aber die beste Haltung". Wir lachen. Und ich stecke mir ein Bier in den Beutel. Für die Pension "Waldesruh", die sich unweit von hier befindet.


   
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