19.7.13

Island Laufreise 1.Tag nach Reykjavik

Es geht los. Wochen der Vorbereitungen liegen hinter mir, der Koffer und der Körper sind wohl präpariert. Die Familie bringt mich zum Neustädter Bahnhof, Schlesischen Platz. Wußte garnicht dass der so heißt. 


Ayla ist natürlich dabei und gleich mal durch die Springbrunnen gehopst. Es sind 26 Grad und es ist Sommer in Deutschland. Auch in Island ist Sommer, aber dort ist mit eher 12 Grad und Regen zu rechnen. Aber man fährt ja nicht auf diese Vulkaninsel um braun zu werden.

Der Bus schlengelt sich durch die Hansastraße auf die Autobahn und ich bin aufgeregt. Auch reisen will geübt sein. Goethe war jahrelang in Italien. Da werde ich das auch schaffen. Schließlich gibt es viele Möglichkeiten den Reisenden zu ärgern, so z.B. Stau und den haben wir gerade. Ich habe genug Puffer. Meinen Flug in Berlin schaffe ich. Alle Passagiere im Bus nach Berlin haben Reiseführer in der Hand. Netzförmig verteilen sich die Träume in die Welt. Manche nicken mir freundlich zu. Ja, auch Schauspieler machen Urlaub.

Ich lese in Sakyong Miphams "Running Buddha" Meinem neuen Lieblingsbuch. Er verbindet den Begriff Meditation mit dem Laufsport.



"Wenn wir laufen, strömen verschiedene Gedanken durch unseren Kopf. Sind wir gut geschult darin, uns zu fokussieren, können wir uns auf bestimmte Themen lenken. Wir könnten uns zum Beispiel auf das Gefühl konzentrieren, Glück zu haben oder dankbar zu sein."

16:26
Check-in in Tegel. Der Airport wirkt versüfft, aber herzlich. Überhaupt Berlin als Berliner... genieße den Dialekt. "mein Heimat Dialekt."  Ich habe die Möglichkeit einen Flug eher nach  Düsseldorf zu nehmen prompt ergriffen. 


18:45 Düsseldorf, 
warten und Kaffee. Ich rufe noch schnell Vodafone an, wie die Tarife im Ausland sind. Eine Computerstimme führt durchs Menü. Ich verlange ein persönliches Gespräch. Sie leitet mich weiter. Auch Computer haben ein Herz, denke ich. Dann der Mann mit dem Headset.  Oh Gott! Man redet länger darüber wieviel man reden möchte, wenn man dann reden könnte, als dass man reden sollte, wenn man dann reden darf. Ich kaufe mir Redezeit, 60 Minuten Redezeit für Island, das muß reichen. Und bin froh, dass das erledigt ist. 

21:26 Düsseldorf
Sonja und Martin von "LaufKultTour" sind am Gate, Volkmar ist auch da. kurzes Hallo, dann auf die Plätze fertig los: über den Ozean.


Der Himmel über Berlin.



Kurz vor der schottischen Küste. 



Es wird nicht dunkel und ist schon nach Mitternacht.


22::35

Reikjavik,
glückliche Landung, 10 Grad und leichter Sprühregen. Dämmerstunde auf ewig. Hier wird es nur 2-3 Stunden dunkel und das auch nicht richtig. Ósk holt uns ab in einem Skoda. Sie ist eine der beiden Isländischen Organisatoren und fährt uns vom Flughafen, der etwas außerhalb liegt, in die Hauptstadt. Ósk ist hübsch und freundlich und wahrscheinlich selber Läuferin. Sie sieht so aus. Ich werde es noch erfahren. Die Scheibe auf der Beifahrerseite ist unten. Es ist kalt. Die Scheibe ist kaputt. Man kann sie nur im stehen mit beiden Händen hoch schieben. 

Dann tut sich wie hinter Nebel die Stadt auf: Reykjavik. Hier wohnen 60 % der Isländer.  Ósk erklärt uns wie wichtig der Lava Schotter, den wir zu beiden Seiten der Fahrbahn sehen, für das Grundwasser ist. Das Wasser wird gereinigt von den Vulkangesteinen. Weit hinten sieht man die Berge. Hier leben Elfen. Elfen sind die ungewaschenen Kinder von Adam und Eva erzählt uns Ósk. Der Herrgott kam zu Besuch, und die schmutzigen Kinder waren von ihren Eltern versteckt worden, denn Adam und Eva schämten sich ihrer. Gott, der ja alles sieht, wurde zornig und verdammte die schmutzigen Kinder auf ewig in die Berge.

Ich sage zu Ósk, Ich verstehe das nicht. Im deutschen gibt es die Sage. Die Sage ist nur ein Anhaltspunkt. Eine Vermutung, ein Glaube eine Metapher. Man nimmt sie nicht ernst. Sie ist Erzählstoff. Martin, der in seinem iPhone schon das Internet gefunden hat und mich neidisch macht, sagt in Israel leitet man ganze Autobahnen um und Eisenbahnstrecken für die Toten, die irgendwann vergraben wurden. Jeder glaubt anders. Oder, wie ich sage, mit anderem Gesicht. 

Das Hotel ist ein roter Kasten. Modern und dumpf und laut. Stink langweilig. Das Zimmer ist schlimm. Die Dusche stinkt. Wie ich später erfahren werde, ist dies der typische Geruch von Schwefel, der sich durch das ganze Land zieht, durch alle Quellen, Löcher und Naturschwimmbäder, ein eher willkommenes Zeichen, von mir aber in noch unbekannnter Weise abgelehnt als Schimmel und sonstiges Keimbecken.

Ich bin müde, zu müde um darüber nachzudenken. Morgen kann ich nicht so viel schreiben. Morgen laufen wir 35 km. 

Ich kann es sich fassen ich bin da. Ich bin hier. Ich bin in Island. So weit. so fremd. Und morgen laufen wir. 

Endlich!