17.7.13

Was willst du denn auf Island?

Prolog, Juli 2012


Skeptisch überfliegt mein Freund Ziche, der Anwalt, das Werbeprospekt. "Laufen“, "Laufen in Island? Aha und da denkst du wohl an mich? Ich soll mitkommen?" "Ja, das wäre gut. Wir müssten uns schnell anmelden, bevor die Reise ausgebucht ist."
Ziche nimmt einen tiefen Schluck aus seinem Rotweinglas und blättert wie in einer Anklageschrift. "Vorbei an Schlammlöchern und Geysiren, über Schotter und Schnee. Meinst du das ernst?" "Ja, es wird sein, wie ein Abenteuer, die Natur ist unfassbar vielseitig,  Felsen, Lavagestein, Gebirgsbäche glasklar, mit Wasser, das kannst du trinken. Manche Gewässer sind warm, wie deine eigene Körpertemperatur." "Ich würde meine Körpertemperatur lieber in Griechenland wärmen." "Ja, aber da kannst du im Sommer nicht laufen, ohne mit deinem Leben zu spielen. Überleg doch mal! Wir wären grenzenlos frei, wie Abenteurer in unberührter Natur, zwischen Gletscher und Steppe. Die Farben werden wechseln wie die Stunden gehen. Wir wären in dem Land von Feuer und Eis!" "Okay und was ist mit den Etappenlängen, mein Freund und Träumer?" Ziche nimmt sich nun die letzte Seite vor, seine Lesebrille droht von der Nase zu rutschen, so tief beugt er sich über die Zahlen, "die sind kein Traum, die sind traumatisch, fast 30 Kilometer täglich, bei jeweils bis zu 1000 Höhenmeter." "Die laufen wir doch auch wieder runter, “ entgegne ich. Ich sah meine Felle davon schwimmen, denn bei Ziche meinem Lauffreund,  machte sich nun ganz offenkundig der Zweifel breit. Seine analytische Stärke und Sachlichkeit, von seinen Mandanten geschätzt und bewundert, schob sich nun wie ein isländischer Nebel vor meinen Traum. "Vielleicht ist es gut, wenn man gar nicht so genau weiß, wie man das alles schaffen wird. Vielleicht besteht ein Abenteuer eben darin, nicht jedes Detail zu kennen. Wir werden hart trainieren, wir werden in der Dresdner Heide Bergläufe machen und uns dann in Island auf uns selber verlassen. Wie Marco Polo, John Wayne, Winnetou und alle unsere Helden aus der Kindheit. Wir werden frei sein! Wann, wenn nicht jetzt. Wir werden nicht jünger, Ziche! Die Tage gehen ins Land."